Um die Zusammenhänge zwischen Trinkwassergewinnung und Erdgasförderung besser zu verstehen, hatte die BI am Donnerstag, den 5. Juni zwei Referenten nach Intschede geladen: den Geschäftsführer des Trinkwasserverbands Verden, Stefan Hamann, und den Diplomgeologen Dr. Udo Schmidt aus Stade, ausgewiesener Experte in Fragen der Hydrogeologie. Gut 50 Interessierte folgten den Ausführungen der beiden Fachleute und hatten Gelegenheit, ihre Fragen zur Trinkwassergewinnung und –sicherheit loszuwerden. Wichtigste Botschaft des Abends: Es ist nicht auszuschließen, dass etwas passiert. Und: Bevor Lagerstättenwasser in der Tiefe verpresst wird, sollte mit entsprechender Technik untersucht werden, wie der Untergrund beschaffen ist. Kaum beruhigen konnte indes die Feststellung, dass man bei einer Verschmutzung des Grundwassers einfach den betroffenen Brunnen abstellen und mit Benzol, Quecksilber und anderen Schwermetallen belastetes Wasser aufbereiten könne. Denn vor der Schadensbekämpfung sollte nach allgemeiner Auffassung die Verhinderung solcher Vorfälle stehen. Eine Zusammenfassung der Inhalte der Veranstaltung hat die Kreiszeitung veröffentlicht.

Es klingt fast unglaublich: Offenbar liegen dem LBEG bereits seit Jahren Messergebnisse vor, die belegen, dass die Umgebung von Erdgasförderstellen mit Quecksilber belastet ist. Allerdings hat das LBEG weder den Landkreis Rotenburg noch die zuständige Umweltbehörde über die Messungen und ihre Ergebnisse informiert. Aufgedeckt wurde die mangelhafte Informationspolitik des LBEG, weil kürzlich auch der Naturschutzbund NABU die Umgebung von Förderstellen auf eine mögliche Quecksilberbelastung hin untersucht hat. Das Ergebnis: In Gräben, auf Wiesen und Straßen hat der NABU 40- bis 70-fach erhöhte Quecksilberwerte gemessen. Quecksilber ist ein giftiges Schwermetall, das bereits bei Zimmertemperatur verdampft, über die Atemwege aufgenommen wird und im Körper als starkes Nervengift wirkt.

Der Landkreis Rotenburg hält die Messergebnisse für besorgniserregend. Unklar ist, warum er erst jetzt von ihnen erfahren hat. Doch dies ist nicht die einzige Frage, die es zu klären gilt: Wie konnte das Quecksilber in die Umwelt gelangen? Ist Lagerstättenwasser ausgetreten? Ist das Abfackeln ein Grund? Wie viele der rund 100 Förderplätze sind betroffen? Welche Maßnahmen werden ergriffen, um Menschen vor den Giftstoffen zu schützen? Welche Konsequenzen haben die Erkenntnisse für die Förderunternehmen? Es scheint, als hätten die beteiligten Förderbetriebe nun ihren zweiten Giftskandal nach dem Austritt von benzolhaltigem Lagerstättenwasser aufgrund ungeeigneter Leitungen. Und das LBEG wird sich erklären müssen: War das eine Panne oder wurden die Ergebnisse mit Absicht zurückgehalten?

Und das berichtet der NDR.

Das Erdbeben vom 1. Mai im Raum Syke-Bassum hat Folgen: Wie die Kreiszeitung berichtet, hat sich ein Bassumer wegen eines Schadens an seine Elementarschadenversicherung gewendet. Steine an der Außenverkleidung eines Fenstersturzes hatten sich gelöst. Die Versicherung lehnt die Schadensregulierung ab. Begründung: Das Beben sei nicht auf eine natürliche Ursache zurückzuführen, sondern auf Arbeiten am Erdgasfeld Klosterseelte-Kirchseelte-Ortholz (Förderunternehmen: ExxonMobil). Der Niedersächsische Erdbebendienst sowie das LBEG schließen diesen Zusammenhang nicht aus. Für die Geschädigten ist das doppelt ärgerlich. Denn wie bekannt regulieren auch die Erdgasförderunternehmen solche Schäden nicht, wenn die Betroffenen nicht nachweisen können, dass der Schaden erstens aufgrund des Bebens aufgetreten ist und zweitens die Erdgasförderung die Ursache für das Beben. Mit anderen Worten: Die einzige Sicherheit für Betroffene ist derzeit die, dass sie auf einem Erdbebenschaden sitzen bleiben. Die von uns geforderte Änderung des Bergrechts ist überfällig!

"Erdgasförderung und Trinkwassergewinnung –

neue Herausforderungen für den Grundwasserschutz am Beispiel des Wasserwerks Panzenberg”

Es geht um eine der wichtigsten Lebensgrundlagen überhaupt: unser Trinkwasser. Stellt die Erdgasförderung ein Risiko für die Trinkwassergewinnung dar? Was bedeuten die aktuellen Planungen der Förderunternehmen für die Trinkwassersicherheit? Stefan Hamann, Geschäftsführer des Trinkwasserverbandes Verden und Dipl. Geologe Dr. Udo Schmidt Dr. rer. nat. von der Ingenieurgesellschaft Schmidt in Stade stehen für Fragen rund um das Grund- und Trinkwasser zur Verfügung.

Zeit und Ort:

Donnerstag, 5. Mai 2014, 19.30 Uhr

Gemeinschaftssportanlage Intschede, Am Sportplatz 36-40, 27337 Blender

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Im Niedersächsischen Ministerialblatt vom 30. April 2014, S. 369, teilt das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) mit:

„Die Firma RWE-Dea AG, Förderbetrieb Niedersachsen […] plant ein Pilotprojekt zur Verbrennung von Lagerstättenwassergas auf der Station Völkersen ZGTA (Zentrale Gastrocknungsanlage) in der Gemeinde Langwedel im Landkreis Verden. Ziel des Unternehmens ist es, das bei der Erdgasgewinnung anfallende Lagerstättenwassergas sicher und umweltschonend zu verbrennen. Die zu errichtende Brennkammer, für deren Installation und Betrieb eine Umweltverträglichkeits-Vorprüfung durchzuführen ist, wird im Bereich eines schon versiegelten Bohrplatzes lokalisiert sein. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ist gemäß §3 c i. V. m. Nummer 8.1.3 der Anlage 1 UVPG in der derzeit geltenden Fassung durch eine Vorprüfung des Einzelfalles zu ermitteln, ob für das beantragte Vorhaben die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Diese nach den Vorgaben der Anlage 2 UVPG vorgenommene standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles hat ergeben, dass keine UVP-Pflicht besteht.“

 

RWE-Dea „reagiert“

Die Mitteilung blieb nicht unbemerkt. Und sie wirft Fragen auf. Am 6. Mai schließlich veröffentlicht RWE-Dea eine Information zu dem Vorhaben, offenbar unter dem Druck zahlreicher Anfragen. RWE-Dea teilt mit: „So sollen unter anderem eventuell kohlenwasserstoffhaltige Gase, die bei der Verladung des Lagerstättenwassers in Tankkraftwagen (TKW) aus diesen in geringen Mengen verdrängt werden können, in Zukunft einer thermischen Nachbehandlung unterzogen werden. Die thermische Nachbehandlung der aus den TKW verdrängten Gase in einer Brennkammer hat sich als ein technisch umsatzbares [sic] und zielführendes Verfahren erwiesen.“

Die Fragen bleiben:

  • Was ist Lagerstättenwassergas genau(Google: 0 Treffer)?
  • Wie ist es zusammengesetzt?
  • Geht von der bisherigen Praxis, also dem Transport von Lagerstättenwasser mit Tankwagen, eine Gefährdung aus? Und wenn ja, in welchem Maße?
  • Und warum erfährt die Öffentlichkeit erst aus amtlichen Mitteilungen davon? Es gab schließlich ausreichend Gelegenheit für RWE-Dea, über das Vorhaben zu informieren.

 

Das LBEG auch…

Die Salamitaktik von RWE-Dea bei der „Bürgerinformation“ geht also weiter. Wer nach Antworten sucht, zum Beispiel beim LBEG, ist anschließend nicht viel schlauer, wie die Anfrage von Gerd Landzettel zeigt. Hier seine Fragen – und die Antworten des LBEG im O-Ton:

F: Was genau ist "Lagerstättenwassergas" (bisher war mir das geförderte Erdgas und das dabei geförderte Lagerstättenwasser als getrennte Bestandteile bekannt)?

A: Lagerstättenwassergas ist Erdgas, welches sich im Lagerstättenwasser feinverteilt befindet.

F: Was enthält das zu verbrennende Lagerstättenwassergas (Benzol etc.)?

A: In diesem Gas befinden sich die gleichen Bestandteile wie im Erdgas: Methan, Ethan, Propan, Buthan, Ethen und gelöstes Wasser.

F: Wird das Lagerstättenwassergas vor der Verbrennung behandelt/gefiltert? Ggf. welche Bestandteile?

A: Möglicherweise beziehen Sie sich auf ein Projekt der RWE Dea AG in der zentralen Gastrocknungsanlage (ZGTA) in Völkersen, bei der eine Fackel zur Verbrennung von Lagerstättenwassergas zum Einsatz kommen soll. Dem LBEG liegt jedoch derzeit kein entsprechender Antrag vor, so dass diese Frage nicht beantwortet werden kann. Allerdings wurde dem LBEG von Seiten der RWE ein Antrag auf UVP-Vorprüfung für eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz für den Einsatz einer Fackel zur Verbrennung des Lagerstättengases vorgelegt, da die geplante Fackel möglicherweise genehmigungsbedürftig gemäß Nummer 8.1.3 des Anhang 1 der 4. Bundes-Immissionsschutzverordnung ist. Einvernehmlich mit dem Landkreis Verden wurde festgestellt, dass der Einsatz der Fackel keiner UVP-Pflicht unterliegt. Das Ergebnis der Prüfung ist im Amtsblatt für den Landkreis Verden vom 30.04.2013 und im Gemeinsamen Ministerialblatt Nr. 17/2014 vom 30.04.2014, S. 369, veröffentlicht worden.

F: Welche Rückstände gelangen im Zuge oder nach der Verbrennung in die Luft?

A: Da dem LBEG derzeit kein entsprechender Antrag vorliegt, kann diese Frage nicht beantwortet werden (s. a. Antwort 3.).

F: Wo genau soll die Brennkammer errichtet werden? Gibt es nähere Angaben zu deren Funktionsweise? Wenn ja, welche?          

A: Da dem LBEG derzeit kein entsprechender Antrag vorliegt, kann diese Frage nicht beantwortet werden (s. a. Antwort 3.).

 

Fazit

RWE-Dea und LBEG liefern unbefriedigende Antworten auf die Frage nach Lagerstättenwassergas. Doch die wenigen vorliegenden Informationen bieten allen Anlass, weiter nachzuforschen. Insbesondere ist zu prüfen, ob von der derzeitigen Praxis eine Gefährdung für Mitarbeiter, Bevölkerung und Umwelt ausgehen kann. Und wir wollen natürlich genau wissen, was da in Zukunft in der ominösen Brennkammer „entsorgt“ wird.