Was sagen die Wahlprogramme von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linken zur Erdgasförderung und Fracking?
Seite 79
Für die SPD Niedersachsen hat der Trinkwasserschutz unbedingten Vorrang vor der Erdgasförderung. Daher lehnen wir die Förderung von Erdgas innerhalb von Wasserschutz- gebieten jeder Art ab. Es soll daher geprüft werden, ob es zur Sicherstellung dieser Ziele erforderlich ist, in die niedersächsische ‚Verordnung über Schutzbestimmungen in Was- serschutzgebieten‘ (SchuVO) ein Verbot des Bohrens nach Erdgas in Wasserschutzgebieten jeder Art aufzunehmen. Der Gesundheitsschutz hat für uns dabei oberste Priorität.
Seite 100,101
Auf dem Weg in eine langfristig allein aus erneuerbaren Energien gespeiste Stromproduktion ist für dieVersorgungssicherheit der Einsatz konventioneller Kraftwerke notwendig. Eine SPD-Landesregierung setzt dabei auf effiziente, emissionsarme Gaskraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung. Sie sollen in umweltfreundlicher heimischer Produktion entstehen, um die Erdgaspreise stabil zu halten und die Wertschöpfung im eigenen Land zu generieren.
Kommentar dazu:
Die SPD sieht ihren Handlungsschwerpunkt im Trinkwasserschutz was zu kurz greift, es muss um den Schutz des Grundwassers für alle Nutzungsformen gehen incl. Heil- und Mineral-wasser. Wieso wird Gesundheitsschutz in den Kontext Wasserschutzgebiete gestellt?
Eine Abkehr der SPD von der Erdgasförderung ist nicht erkennbar, sonst würde sie einerseits den Umstieg auf erneuerbare Energien nicht nur auf die Stromerzeugung reflektieren und andererseits nicht auf Gaskraftwerke setzen, deren Gasbedarf zudem noch aus heimischer Produktion stammen soll. Die SPD schiebt den Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energien vor sich her, wie die Ausführungen auf den Seiten 100 und 101 nahelegen, auch finden sich dort altbekannte und ständig wiedergekäute Argumente, die deswegen aber nicht richtiger werden.
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Seite 70
Wir werden den Anteil an […] erdgasangetriebenen Bussen beim ÖPNV anheben
Seite 73
Beim Fracking muss dem Sicherheitsaspekt höchste Priorität eingeräumt werden. Genehmi-gungen dürfen nur erteilt werden, wenn erhebliche Risiken für Mensch und Natur vollständig ausgeschlossen werden können. Grund- und Trinkwasser müssen besonders geschützt werden.
Kommentar dazu:
Auch bei der CDU ist, analog zur FDP, nicht davon auszugehen, dass sich am Status Quo etwas ändert. Vielmehr muss wohl davon ausgegangen werden, dass diese der Erdgasförderung weiter den Weg bereitet, das kann aus den Einschränkungen zum Thema Fracking abgeleitet werden, denn der Begriff „erhebliche Risiken“ bedeutet letztendlich ja nichts anderes als das Risiken in Kauf genommen werden, also auch wohl die Schiefergasförderung, Stichwort „Versuchsbohrungen“ und in weiterer Folge Aufhebung des eingeschränkten Fracking-verbotes in 2021. Grund- und Trinkwasserschutz scheint der CDU nur im Kontext mit Fracking wichtig, wobei sich die Frage stellt, warum man nicht im Rahmen des Fracking-Regelungspaketes entsprechend Einfluss auf den Prozess in Berlin genommen hat.
Weitere Ausführungen zu den Begriffen Erdgas/Fracking finden sich nicht im CDU Wahlprogramm
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Auf Seite 20
Es gibt kein gutes Fracking
Niedersachsen ist Erdöl- und Erdgasförderland. Rund zehn Prozent des in Deutschland verbrauchten Erdgases stammt von hier. 2016 hat die Bundesregierung die Chance vertan, Fracking komplett zu verbieten. Wir GRÜNEN werden uns daher weiter dafür einsetzen, Fracking im Bundesbergrecht ausnahmslos zu untersagen. Mit uns GRÜNEN wird es auch keine Ausweitung der Erdgasförderung insbesondere im Schiefergestein geben, die nur unter massivem Fracking-Einsatz möglich wäre. Wir wollen die durch die Große Koalition ermöglichten Probebohrungen im niedersächsischen Schiefergestein nicht zulassen. Darüber hinaus lehnen wir auch die Förderung von Kohlenwasserstoffen aus Sandstein mittels horizontalen Frackings ab.
Schon bei der „normalen“ Erdgasförderung ohne Fracking entstehen schädliche Emissionen, giftiges Lagerstättenwasser und belastete Bohrschlämme. Zudem erschüttern Erdbeben die Förderregionen. Um diesen lange unterschätzten Problemen zu begegnen, sorgen wir mit verstärkten Kontrollen und Aussagen für die Durchsetzung des geltenden Rechts. Gefährliche Risiken oder gar gesundheitliche Beeinträchtigungen von Anwohner*innen darf es nicht geben. Entsprechenden Hinweisen gehen wir gründlich nach. Auch deswegen brauchen wir einen Fahrplan für den Ausstieg aus der Gasförderung. Wir arbeiten engagiert an der Energiewende, um schneller auf fossile Energien zu verzichten.
Solange noch Erdgas in Niedersachsen gefördert wird, nutzen wir GRÜNEN die landespolitischen Spielräume (zum Beispiel in Wasserschutzgebieten) für scharfe Sicherheitsauflagen und kombinieren dies mit einem umfassenden Programm zum Umweltmonitoring. Wir sorgen dafür, dass sich die Förderindustrie nicht der Verantwortung für ihre Altlasten, wie die über 1.000 Bohrlochschlammgruben, entziehen kann. Die Kosten, die der Allgemeinheit durch die Förderung von Erdöl und Erdgas entstehen, sollen die Verursacher tragen. Darum wollen wir die Gebühren und Abgaben für Förderunternehmen auf ein verursachergerechtes Maß erhöhen.
Die Förderung von Öl und Gas mitten im kostbaren Nationalpark Wattenmeer lehnen wir ab.
Kommentar dazu:
Es finden sich positive Ansätze im Hinblick auf eine Reduzierung der Erdgasförderung, jedoch sind auch hier einige Passagen als kritisch zu sehen, weil sie letztendlich kein konsequentes Konzept ergeben.
Die Aussage: […] keine Ausweitung der Erdgasförderung insbesondere in Schiefergesten […] lässt vermuten, dass eine Ausweitung aus anderen Schichten nicht kategorisch ausgeschlossen wird. Oder […] lehnen wir die Förderung von Kohlenwasserstoffen aus Sandstein mittels horizontalem Frackings ab. […] Daraus läßt sich aber auch folgern, dass Fracking in vertikalen Bohrungen nicht zwingend abgelehnt wird.
Die im zitierten Text in Absatz 2 gemachten Bekundungen […] Problemen zu begegnen, sorgen wir mit verstärkten Kontrollen und Aussagen für die Durchsetzung des geltenden Rechts […] führt nicht zur Lösung der Probleme, sind hole Worte. Und weiter […] Gefährliche Risiken oder gar gesundheitliche Beeinträchtigungen von Anwohner*innen darf es nicht geben […] was bitte sind „Gefährliche Risiken“?
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Seite 13
Pauschale Forschungsverbote etwa in den Bereichen […], Fracking und […] lehnen wir ab.
Kommentar dazu:
Hier findet sich zum Thema Erdgas/Fracking nichts, aus dem sich erkennen ließe, dass die FDP die Erdgasförderung in irgendeiner Form zurückfahren wird, vielmehr ist zu schließen, dass sie die Erdgasförderung befördern wird.
Diese Passage auf Seite 13 ist die einzige in der der Begriff Fracking erwähnt wird, Erdgas kommt überhaupt nicht vor:
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Die Linke
Seite 68
■ keinerlei ungefilterte Abfackelung mehr bei der Erdgasförderung – ein absolutes Verbot des so genannten Abblasens von Gas.
■ die ordnungsgemäße Entsorgung hochgiftiger Abfälle aus der Erdöl- und Erdgasförderung.
■ umfangreiche Landesstudien zur Ursachenermittlung der Krebshäufungen und anderer Krankheiten im Umfeld von Erdgas- und Erdölförderstätten.
■ die Verlagerung der Überwachung der Erdgas- und Erdölförderung aus dem industriefreundlichen Wirtschaftsministerium ins Umweltministerium zum Zweck der Sicherstellung der staatlichen Überwachung (wie z. B. in Schleswig-Holstein).
■ ein Totalverbot des Frackings.
Kommentar dazu:
Auch Die Linke ist mit ihren Forderungen in ihrem Wahlprogramm bzgl. der Abkehr von der Erdgas- und Erdölförderung nicht wirklich konsequent, bietet kein „rundes Konzept“. Sie fordert aber wenigstens uneingeschränkt ein totales Frackingverbot, was auf Sicht gesehen zum Erliegen der Erdgasförderung führt. Allerdings bleiben die aus der bis dahin erfolgten Förderung resultierenden Risiken bestehen. Welche Konsequenzen will die LInke aus Untersuchungsergebnissen ziehen?
Resümee: Keine der Parteien bekundet sich zur uneingeschränkten Problemlösung rund um die Erdgasförderung, vielmehr bleiben Schlupflöcher durch unpräzise, ungenaue Formulie-rungen offen. CDU und FDP scheinen, im Gegensatz zu den anderen Parteien, kein Interesse daran zu haben, die Risiken aus der Erdgasförderung wenigstens zu verringern, das Gegenteil steht zu befürchten. Die nächste klimapolitische Fehlentwicklung LNG wird, bis auf Bündnis 90/Die Grünen, diese wollen eine LNG-Infrastruktur für Seeschiffe forcieren, von keiner Partei aufgegriffen.
W. Marschhausen