„Nachhaltiger Umgang mit Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung der RWE Dea AG in Niedersachsen“ so lautet der Titel einer Studie der heutigen DEA Deutsche Erdoel AG, die schon vor ihrer vollständigen Veröffentlichung für lautstarke Kritik sorgte. Zu Recht, wie die Anmerkungen zeigen, die jetzt die Bürgerinitiativen Völkersen und Langwedel vorgelegt haben.

Wir erinnern uns: Schon im November 2013 hatte RWE Dea das Ergebnis der Studie so zusammengefasst, dass die nachhaltigste und umweltverträglichste Option sei, „das Lagerstättenwasser dorthin zurückzubringen, wo es herkommt.“ Umgehend hatten die BIs Zweifel angemeldet und die Veröffentlichung der gesamten Studie gefordert. RWE Dea hatte dieses Ansinnen zunächst mit dem Verweis auf „Betriebsgeheimnisse“ ablehnt und nur eine Kurzfassung zur Verfügung gestellt. Bis Februar 2015 dauerte es, ehe das Unternehmen schließlich doch die vollständige Studie – in Teilen immer noch geschwärzt – veröffentlichte.

Jetzt legen die beiden Bürgerinitiativen Völkersen und Langwedel ihre kritischen Anmerkungen zu der Studie vor. Und es zeigt sich: Die Zweifel waren und sind berechtigt, die handwerklichen Mängel der Studie gravierend – ihr Ergebnis nicht haltbar. Ein Beispiel von vielen: RWE Dea zog Schlussfolgerungen aus der Studie schon im November 2013 und veröffentlichte eine Kurzfassung im Februar 2014, obwohl wesentliche Teile wie Einzelgutachten erst zwischen März und Juli 2014 fertig gestellt wurden.

Die vollständige Studie kann bei der DEA Deutsche Erdoel AG per Mail angefordert werden. Über diesen Link gelangt man zur Eingabemaske auf der Website der DEA.

Hier die vollständigen Anmerkungen der BIs Völkersen und Langwedel zum Nachlesen - so kurz, präzise und verständlich wie möglich:

 

 

Bürgerinitiative „No Fracking“ im Erdgasfeld Völkersen

Bürgerinitiative Flecken Langwedel gegen Gasbohren

Anmerkungen und Kritik zur Studie

Nachhaltiger Umgang mit Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung der RWE Dea AG in Niedersachsen

Vorgelegt am 01.07.2014

Veröffentlicht am 03.02.2015

 

Eine Vervielfältigung und Verbreitung dieser Anmerkungen darf nur mit vorheriger Zustimmung der Verfasser (Kontakt: gerdlandzettel@t-online) erfolgen.

 

Vorbemerkung

Die nachfolgenden „Anmerkungen“ zu der von der RWE Dea AG (jetzt: DEA Deutsche Erdoel AG) in Auftrag gegebenen und am 03.02.2015 der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Studie „Nachhaltiger Umgang mit Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderunge der RWE Dea AG in Niedersachsen“ haben Mitglieder der Bürgerinitiativen „No Fracking“ im Erdgasfeld Völkersen“ und „Flecken Langwedel gegen Gasbohren“ erarbeitet.

Dabei erheben die „Anmerkungen“ nicht den Anspruch einer Gegenstudie. Eine derartige, wissenschaftlich untermauerte Untersuchung können wir weder fachlich noch finanziell – durch Beauftragung entsprechender Fachwissenschaftler – leisten. Wir haben jedoch durch kritisches Hinterfragen der vorgelegten Studie eine Vielzahl von Ungenauigkeiten, unwissenschaftlichen Annahmen und Schlussfolgerungen, unbelegten Behauptungen und dgl. mehr herausgearbeitet, die in unseren „Anmerkungen“ im Einzelnen aufgeführt sind und unserer Auffassung nach nur den Schluss zu lassen, dass

  • die vorliegende Studie nicht als Grundlage für eine Entscheidung über den Antrag der RWE Dea AG zur Verpressung von Lagerstättenwasser in die ausgeförderte Erdgaslagerstätte Völkersen Nord Z3 geeignet ist und
  • die Einholung einer von unabhängigen Wissenschaftlern und Instituten erstellten umfassenden Untersuchung zu allen mit einer derartigen Verpressung verbundenen Risiken unabdingbar ist.

Langwedel , den 08.04.2015

 

Anmerkungen zum zeitlichen Ablauf der Vorlage der LAWA-Studie

Die RWE Dea hat sich am 03.02.2015 endlich dazu entschlossen, die von dem Unternehmen in Auftrag gegebene Untersuchung „Nachhaltiger Umgang mit Lagerstättenwasser“  der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bevor auf den Inhalt der Studie eingegangnen werden soll, ergibt sich aber bereits auf den ersten Blick ein Sachverhalt, der zumindest Zweifel daran aufkommen lässt, ob deren Bearbeitung und Ergebnis tatsächlich auf eine objektive und vor allem unabhängige Untersuchung zurückzuführen ist.

Hierzu muss zunächst daran erinnert werden, dass das Unternehmen erstmals im Rahmen einer Informationsveranstaltung „Dea im Dialog“ am 07.11.2013, u.a. mit dem Vorstandsvorsitzenden Thomas Rappuhn, auf die Untersuchung Bezug nahm und behauptete, dass nach Überprüfung unterschiedlicher Optionen zur Aufbereitung und zum Verbleib des Lagerstättenwassers die Gutachter eindeutig festgestellt hätten, dass die nachhaltigste und umweltverträglichste Option sei, „das Lagerstättenwasser dorthin zurückzubringen, wo es herkommt“, also in eine ausgeförderte Lagerstätte des Rotliegenden. Hierbei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Eignung der existierenden Bohrungen bereits sicherheitstechnisch überprüft worden seien und die Bohrung Völkersen Nord Z3 als geeignet bewertet wurde.

Am 29.November 2013 heißt es in der sog. „Bürgerinformation Völkersen“ sogar unmissverständlich, dass das Unternehmen den Empfehlungen der gerade fertig gestellten Studie folgen werde.

Schon im Anschluss an die Veranstaltung vom 07.11.2013 hatte die BI “No Fracking“ Völkersen die RWE allerdings mehrfach gebeten, ihr die vollständige Studie zur Verfügung zu stellen. Das Unternehmen lehnte dieses aber unter Hinweis darauf, dass die Studie Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse enthalte, ab.

Erst Anfang Januar 2014 veröffentlichte die RWE Dea sodann unter dem 04.01.2014 eine sog. „Kurzfassung“, deren Aussagewert von den Bürgerinitiativen jedoch umgehend bemängelt wurde. Gleichwohl berief sich die RWE Dea auch in der Folgezeit immer wieder darauf, dass das Gutachten eindeutig das o.g. Ergebnis erbracht habe – so z.B. in einem Schreiben an die Sprecherin der BI „Flecken Langwedel gegen Gasbohren“ vom 16.Januar 2014.

 

Erstes Zwischenergebnis

Auch wenn es für uns ärgerlich war, dass sich die RWE Dea in der gesamten Zeit ab November 2013 auf das angebliche Ergebnis der fraglichen Studie berief, ohne diese der Öffentlichkeit – und letztlich nicht einmal den Behörden – zur Verfügung zu stellen, so musste man doch nach den gemachten Verlautbarungen zumindest davon ausgehen, dass die vollständige Studie seit Anfang November dem Unternehmen vorlag, da deren Ergebnis ja permanent öffentlich kommuniziert wurde.

Die jetzt vorliegende Studie spricht jedoch eine andere Sprache!

Ausweislich der Angabe auf dem Deckblatt der Studie wurde diese am 01.07.2014 vorgelegt.

Ebenso wurden die der Untersuchung zu Grunde liegenden Einzelgutachten erst im Jahr 2014 vorgelegt und zwar:

  • Sonderteil A: Gefahreneinstufung und Grenzwerte aufgrund verschiedener Rechtsgebiete als ökotoxikologische Bewertungsgrundlage (Dr. Hans-Bernhard Rhein & Dr.Hans-Jürgen Streibel, Umweltkanzlei Rhein GmbH) am 01.07.2014 (vgl. S. 255 ff.)
  • Sonderteil B: Geomechanische Bewertung einer Injektion von Lagerstättenwasser in das Rotliegende (Dr. Ing. Thomas Röckel, Piewak & Partner GmbH) am 03.06.2014 (vgl. S 304 ff.)
  • Sonderteil C: Überprüfung der Bohrung Völkersen Nord Z3 auf Eignung als Injektionsbohrung (Dipl.-Ing. Axel Sperber, IDEAS) im März 2014 (vgl. S. 359 ff.)
  • Sonderteil D: Ökologische Bewertung von 4 Verfahrensvarianten zur Vorbehandlung des Lagerstättenwassers zum Zwecke der Injektion (Dr. Hans-Bernhard Rhein, Umweltkanzlei Rhein GmbH) am 17.03.2014 (vgl. S. 404 ff.)

Schließlich stammen auch einzelne der auf den Seiten 246 ff. angegebenen Quellennachweise erst aus dem ersten Halbjahr 2014. So z.B. die Quellen unter lfd. Nr. U 36 (27.05.2014), U 61 (26.05.2014) und U 62 (29.04.2014). Hierbei handelt es sich offenbar um dem Gutachten zu Grund liegende Analyse- und Testergebnisse.

 

Zweites Zwischenergebnis

Damit steht fest: Wesentliche Bestandteile (Einzelgutachten – sh. S. 103 - und Quellen) des Gutachtens wurden erst im ersten Halbjahr 2014 vorgelegt, das Gutachten selbst erst am 01.07.2014.

 

Fazit

Da das eigentliche Gutachten erst am 01.07.2014 vorgelegt wurde und auch die zu Grunde liegenden Fachgutachten erst im ersten Halbjahr 2014 zur Verfügung standen, fragt sich, auf welcher Basis die RWE Dea bereits ab Anfang November 2013 ein feststehendes Ergebnis der Begutachtung behauptet hat. Unter diesen Umständen ist zumindest nicht auszuschließen, dass das Gutachtenergebnis von dem auftraggebenden Unternehmen beeinflusst, wenn nicht sogar vorgegeben war. Auf jeden Fall bestehen unter diesen Umständen erhebliche Zweifel daran, dass das Ergebnis nach objektiven wissenschaftlichen Kriterien unabhängig zu Stande gekommen ist.

 

Anmerkungen und Fragen zur RWE Dea Studie „Nachhaltiger Umgang mit Lagerstättenwasser aus der Erdgasförderung der RWE Dea AG in Niedersachsen“

Autoren: Dr. Hanno Paetsch, Dr. Hans-Bernhard Rhein, Dr.-Ing. Thomas Röckel, Dipl.-Ing. Axel Sperber

Zweifel an der Sorgfalt der Erarbeitung

  • Bei der Beschreibung der Ausgangssituation wird die Zusammensetzung des Lagerstättenwassers in umfangreichen Tabellen behandelt (vgl. S. 24-28 und S. 37-39). Hierbei wird bei der Angabe der Berechungsgrundlage auf S. 23 darauf hingewiesen dass sich für die Berechnung der Jahresfracht (-mengen) auf der Basis der bisherigen Mengen aller Bohrstellen eine Jahresmenge von 120.268 m³/a ergibt, dass diese aber auf Grund der 2013 und 2014 in Betrieb gehenden Bohrungen Völkersen Z2a und Becklingen Z2 im weiteren Verfahren auf 130.000 m³/a aufgerundet wird. Diese Annahme wird explizit an verschiedenen Stellen der Studie noch einmal genannt (vgl. S. 40, 74, 109, 117, 126 und 135). Eine Nachberechnung der Jahresfrachten in den Tabellen auf S. 24 – 28 und ebenso auf S. 37 – 39 (produktionsgewichteter Mittelwert X Jahresmenge) ergibt jedoch, dass in die Berechnungen nicht 130.000 m³/a zu Grunde gelegt werden, sondern 120.000 m³/a. Das führt im Ergebnis dazu, dass die Jahresfracht (-mengen) der einzelnen im Lagerstättenwasser enthaltenen Stoffe mit zu geringen Mengen angesetzt werden. Gleiches gilt im übrigen auch für die Berechnung der Gesamtsalinität auf S. 41.

Das führt zum einen dazu, dass bei den nachfolgenden Berechnungen von falschen Vorsaussetzungen ausgegangen wird, so z.B. bei

-          Tabelle 20: „Zusammensetzung der Feststoffe bei verschiedenen Wassergehalten in dem Verdampfungsrückstand“ (S. 80 f.)

-          Tabelle 22: „Produktionsbezogene Mittelwerte und Frachten Isotop“ (S. 85)

-          Tabelle 28, 29, 30 und 31: „Abfallaufkommen bei der Aufbereitung des LaWa zur Injektion (S. 109), …zur Flutung (S. 117), …zur Direkteinleitung (S. 126) und …zur Indirekteinleitung (S. 135),

     zum anderen stellt sich die Frage, was von einer „wissenschaftlichen“ Studie          

     halten ist, die eine derart gravierende „Ungenauigkeit“ enthält, die die Autoren    

     trotz wiederholter Verwendung der Berechnungsergebnisse nicht erkennen.

  • Die Widersprüche bei der Annahme der zu Grunde liegenden Mengen setzen sich im Übrigen im weiteren Verlauf der Studie fort. So wird z.B. der Berechnung des Energieverbrauchs für den Transport 120.268 m³/a zu Grunde gelegt (S. 153-156), bei der Berechnung des Verbrauchs- und Hilfsmittelbedarfs für die Aufbereitung (S. 162) und bei der Berechnung der NORM-Verteilung durch das Aufbereitungsverfahren (S. 184) hingegen 130.000 m³/a.

Das bedeutet im Ergebnis, dass bei der Berechnung des Energieverbrauchs für den Transport ein „geschöntes“ Ergebnis herauskommt.

Methodisches, Verwendung von Vorgaben, Annahmen

  • Hinsichtlich der Methode weisen die Autoren auf S. 74 darauf hin, dass

„zur ökologischen Bewertung der betrachteten/ausgewählten Optionen zur Aufbereitung und zum Verbleib des Lagerstättenwassers eine Kombination verschiedener Methoden unter Entwicklung eines eigenen Beurteilungssystems verwendet (wird). Dabei ist sowohl die zeitliche Dringlichkeit aufgrund möglicher Entsorgungsengpässe bestimmend als auch das Fehlen hinreichender Daten, um eine vollständige Ökobilanz bzw. Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) für alle Varianten zu erarbeiten.“

Insbesondere hinsichtlich der Vorgabe „zeitliche Dringlichkeit aufgrund möglicher Entsorgungsengpässe“ fragt sich, ob dieses Kriterium eine zulässige Vorgabe im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie ist, die für sich in Anspruch nimmt, die Entsorgung des LAWA umfassend zu prüfen.

Gleiches gilt im übrigen auch für die Auswahl der verschiedenen Prozessoptionen, die in Abstimmung mit der RWE Dea unter Ausschluss u.a. derjenigen, „die nicht in einem absehbaren Zeitrahmen umgesetzt werden können“ (S. 137) ausgewählt wurden.

  • Bei der Bestimmung der LAWA-Zusammensetzung greift die Studie offenbar ausschließlich auf Probeentnahmen durch das RWE Dea Labor in Wietze zurück und verweist darauf, dass Probeentnahmeprotokolle nicht vorliegen (S. 22). Da es sich bei der Feststellung der LAWA-Zusammensetzung um eine der wesentlichen Grundlagen der gesamten Studie handelt, stellt sich die Frage, ob es einer wissenschaftlichen Vorgehensweise entspricht, ohne eigene Feststellungen – durch eigene Probeentnahmen – ausschließlich auf Probeentnahmen durch den Auftraggeber zurückzugreifen und hierbei sogar nicht einmal die Kontrollmöglichkeit über vorhandene Entnahmeprotokolle in Anspruch nehmen zu können.
  • Auf S. 104 heißt es.

„Hinsichtlich der Versenkbarkeit ins Rotliegende werden insbesondere technische Vorgaben an die Beschaffenheit des Lagerstättenwassers formuliert. Da nur wenige Erfahrungswerte an die Permeabilität und Verschlußneigung der Gesteinskapillaren vorliegen, werden aus technischer Sicht von der RWE Dea AG folgende Zielwerte vorgegeben:

1. Abscheidbare Kohlenwasserstoffe max. 2 ppm (mg/L)

2. Abfiltrierbare Stoffe max. 5 mg/L bei einer Korngrößenobergrenze von 2 μm

3. Zur Zeit keine Vorgaben für bestimmte Schwermetalle wie Blei oder Zink, die bei den   Injektionsbedingungen zu Ablagerungen führen könnten“

Auch hier fragt sich, ob es Ansprüchen wissenschaftlicher Objektivität genügt, wenn, wegen fehlender Erfahrungswerte zu den objektiven Gegebenheiten („Permeabilität und Verschlussneigung der Gesteinskapillare“) einfach auf Zielvorgaben des Auftraggebers zurückgegriffen wird ohne offen zu legen, woraus sich diese Zielwerte dann ergeben.

  • Zur Tabelle 4 zur Zusammensetzung des LAWA wird in der Fußnote auf Bl. 28 darauf hingewiesen, dass die in der Tabelle angegebenen LCKW auf Verunreinigungen durch Betriebs- und Reinigungsmittel zurückzuführen sind und bei der weiteren Betrachtung unberücksichtigt bleiben. Dieses wird damit begründet, dass „im Zuge der Optimierung der Vorbehandlung des Lagerstättenwassers an den jeweiligen Anfallstellen darauf zu achten (ist) dass Verunreinigungen durch Betriebs- und Reinigungsmittel ausgeschlossen werden“.

Derartige Annahmen haben allenfalls den Charakter eines „frommen Wunsches“, entsprechen aber angesichts dessen, dass auch in der Vergangenheit Betriebs- und Reinigungsmittel sicherlich nicht absichtlich dem LAWA beigefügt wurden, nicht der Realität.

  • Auf S. 99 wird behauptet, dass die erzeugten Abfälle kein zukünftiges Ressourcenpotential erwarten lassen, deshalb werde auf das Nachhaltigkeitskriterium der späteren Rückholbarkeit der Abfälle zur zukünftigen Aufbereitung verzichtet.

Woraus die Autoren den Schluss ziehen, dass die erzeugten Abfälle „kein zukünftiges Ressourcenpotential erwarten lassen“ wird nicht begründet. Außerdem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass in der Studie auch an keiner Stelle die Frage der Rückholbarkeit im Falle des nicht vorhergesehenen nachträglichen Schadenseintritts (vgl. Asse-Problematik) diskutiert wird.

  • In der Studie wir auf Seite 202 zur Begründung, dass ein Austausch des injizierten Lagerstättenwassers mit dem nutzbaren Grundwasser verhindert wird, u.a. darauf verwiesen, dass „keine Störungszonen bekannt“ seien, „die die Schichten des Zechsteins oder des Tertiärs, auf denen Wasser nach oben dringen könnte, betreffen“.

Diese Begründung ist im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie nicht nachzuvollziehen. Daraus, dass etwas nicht bekannt ist, lässt sich sicherlich nicht der Schluss ziehen, dass dann „sicher“ sei, dass ein Austausch nicht stattfindet.

 

Sonstige Fragen und Anmerkungen

  • Auf S. 19/20 wird die Gesamtmenge des bis 2030 anfallenden LAWA mit 1,2 Mio. m³ angegeben. Dabei bleibt allerdings offen, ob diese Menge nur aus den Förderraten der bereits bestehenden Bohrstellen prognostiziert wurde oder ob auch Fördermengen aus zukünftig noch zu erschließende Lagerstätten – für die derzeit z.B. eine Aufsuchungserlaubnis besteht - bzw. Bohrstellen berücksichtigt wurden.
  • Mehrfach wird in der Studie die von der RWE-Dea von Anfang an benutzte Formel „Wir bringen das LAWA wieder dorthin zurück wo es herkommt“ in sprachlich abgewandelter Form aber inhaltlich identisch behauptet. So wird auf S. 104 als Vorteil der Versenkung benannt: „Rückführung der Schadstoffe zur Quelle, keine nachteilige Veränderung des Zielortes“ und auf S. 206 wird unter dem Aspekt „Nachhaltigkeit“ behauptet, dass bei der Versenkung das LAWA „an seinem ursprünglichen Ort (verbleibt) bzw. diesem zugeführt wird. Es findet keine Veränderung des Verbleibortes statt“.

Das trifft so nicht zu. Zunächst einmal wird nach den Vorstellungen der Studie nicht nur dasjenige LAWA verpresst, dass aus der entsprechenden Lagerstätte stammt, sondern sämtliches in Niedersachsen auf den Bohrstellen der RWE-Dea anfallendes LAWA (ca. 1.200.000 m³). D.h. in die in Frage kommende Lagerstelle wird eben nicht nur LAWA „an seinem ursprünglichen Ort“, sondern in großer Menge aus einer Vielzahl anderer Orte verpresst.

Zudem wurden bisher Erdgasförderstellen, in denen bereits gefrackt wurde, nicht für Versenkbohrungen genutzt. In Völkersen Nord Z3 wurde demgegenüber zumindest am 01.10.2006 (LBEG) ein Frackvorgang durchgeführt. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach dem Risiko, wenn giftiges Lagerstättenwasser in eine 5000 m tiefe, ausgeförderte und durch den Frackvorgang geologisch veränderte Lagerstätte verklappt wird. Nach gegenwärtigem Kenntnisstand vermag offenbar niemand mit Sicherheit vorauszusagen, welche chemischen bzw. physikalischen Reaktionen unter diesen Umständen zu erwarten sein werden.

Schließlich finden sich in der gesamten Studie keine Ausführungen dazu, ob und warum ausgeschlossen werden kann, dass das verpresste Lagerstättenwasser „wandert“, d.h. sich über die ursprüngliche Lagerstätte hinaus verbreitet.

  • Bei der Betrachtung der Emission und Schadstofffreisetzung (S. 165/166) wird darauf hingewiesen, dass diese beschränkt werden auf „mögliche Stofffreisetzungen bei Straßenunfällen oder bei der Lagerung bzw. Aufbereitung“ des LAWA (S. 165). „Alle anderen Gefährdungspfade z.B. über die Luftemissionen“ halten die Autoren „für vernachlässigbar“ (S. 166).

Diese Einschätzung berücksichtigt nicht die bei der großen Anzahl der Transportfahrten verursachten Emissionen durch die TKW. Derartiges wird an keiner anderen Stelle der Studie auch nur angesprochen.

  • Auf S. 175 wird in Zusammenhang mit der Lagerung des LAWA bei der Aufbereitung darauf hingewiesen, dass „mit einem zeitweisen Auftreten von explosionsfähigen Dampf-Luft-Gemischen gerechnet werden muss“. Folgerungen aus dieser Feststellung z.B. hinsichtlich evtl. erforderlicher Sicherheitsvorkehrungen werden nicht gezogen.

Vernachlässigung der Option „dezentrale Aufbereitung“

  • Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass die Studie die gerade in der Öffentlichkeit immer wieder geforderte „Dezentrale Aufbereitung des Lagerstättenwassers an der jeweiligen Förderstelle“ nur am Rande thematisiert. So wird auf S. 128 zwar darauf verwiesen, dass es hierzu Untersuchungen gibt, diese werden jedoch in keiner Weise berücksichtigt. Soweit auf S. 222/223 die dezentrale Aufbereitung der zentralen Behandlung gegenüber gestellt wird, werden auch an dieser Stelle keine aussagekräftigen und belegte Fakten benannt. Eine wissenschaftlich fundierte Betrachtung der dezentralen Aufbereitung des LAWA an der jeweiligen Förderstelle ist unbedingt nachzuholen.

Anmerkungen zum Gutachten Sonderteil A „Gefahreneinstufung und Grenzwerte als ökotoxikologische Bewertungsgrundlage …“

Gutachter: Dr. Hans-Bernhard Rhein, Dr. Hans-Jürgen Streibel

  • Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Berechnungen u.a. zur Jahresfrachten der unterschiedlichen Stoffe (S. 4 – 11) von 120.000 m³/a ausgehen. Hierzu wird auf die Ausführungen in den Anmerkungen zur Hauptstudie (dort S. 1 „Zweifel an der Sorgfalt der Erarbeitung“) verwiesen, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass das Gutachten A – anders als die Hauptstudie - an keiner Stelle eine Jahresfracht von 130.000 m³/a annimmt.
  • Zu der Anmerkung S.12 bezüglich der Verunreinigungen mit LCKW wird ebenfalls auf die Anmerkungen zur Hautstudie (dort S. 2 unten/S. 3 oben) verwiesen.
  • Nach S. 14 und S. 24 wurden Feststellungen der Flammpunkte des LAWA durch Untersuchungen „seitens des Auftraggebers“ getroffen. Zu diesen Untersuchungen gibt es keine weiteren Ausführungen dazu, wie sie durchgeführt wurden und warum sie in ein „unabhängiges“ Gutachten offenbar ungeprüft übernommen werden.
  • Bei der Betrachtung der physikalischen Gefahren finden sich auf S. 15 unten verneinende Ausführungen dazu, ob das LAWA „korrosiv gegenüber Metallen“ ist. An keiner Stelle wird aber die gerade aus Völkersen bekannte Tatsache diskutiert, dass zumindest das im LAWA enthaltene Benzol durch die Wandungen von Kunststoffrohren diffundiert ist.
  • Unter dem Komplex „Gesundheitsgefahren“ wird auf S. 17 ausgeführt, dass eine Ätz-/Reizwirkung auf die Haut „normalerweise … kaum zu erwarten“ ist. Das etwas normalerweise kaum zu erwarten ist, dürfte kaum als wissenschaftlich fundierte Schlussfolgerung gelten.
  • Von gleicher Qualität ist die Aussage auf S. 25, wonach „angenommen (wird), dass keine Krankheitserreger im Lagerstättenwasser enthalten sind.“ Woraus sich diese Annahme begründet, wird nicht ausgeführt, zumal ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Untersuchungen hierzu nicht vorliegen.

 

Anmerkung zum Gutachten Sonderteil B „Geomechanische Bewertung einer Injektion von Lagerstättenwasser…“

Gutachter: Dr.Ing. Thomas Röckel, Bayreuth

  • Grundsätzlich ist eine Bearbeitung dieses Gutachten schwierig, da an vielen Stellen (S. 12; 22/23; 28/29; 30; 34; 35; 44; 45) Schwärzungen vorgenommen wurden, deren Grund sich nicht ohne weiteres erschließt. Andererseits scheint dieses Gutachten im Verhältnis zu den anderen Teilen der Studie noch am ehesten dem Anspruch auf eine objektive Betrachtung der Geomechanischen Verhältnisse im Bereich der Bohrung Völkersen Nord Z3 zu genügen.
  • Allerdings heißt es auch in diesem Gutachten bereits einleitend (S. 2):

„Es wird angenommen, dass es bei einer Erhöhung des abgesenkten Porendrucks bis unterhalb des initialen Porendrucks zu einer annähernden Wiederherstellung der ursprünglichen Verhältnisse kommt“

ohne dass diese für das Gutachten wesentliche „Annahme“ begründet wird.

  • Zur wichtigen Problematik der Auslösung seismischer Ereignisse durch das Verpressen des LAWA in die Bohrung VK- N Z3 heißt es am Schluss des Gutachtens (S. 45)

„Wenn um die Injektionsstelle keine Störungen vorhanden sind, dann kann es selbst bei einer lokalen Druckerhöhung nicht zur Auslösung von seismischen Ereignissen kommen. Dies könnte nur der Fall sein, wenn sich die Druckerhöhung bis in eine größere Entfernung von der Injektionsstelle ausbreitet. Auf Grund der allgemeinen Druckabsenkung und der hohen Durchlässigkeit des Havelsandsteins ist dies jedoch nicht zu erwarten.“

Dass mögliche aktivierbare Störungszonen „weit von der Bohrung entfernt“ sind, soll sich aus einer nachfolgenden Karte ergeben, die aber ebenfalls vollständig geschwärzt ist.

Insofern lässt sich die vom Gutachter gezogene Schlussfolgerung auch nur bedingt nachvollziehen, zumal es im Folgenden (S. 46) heißt:

„Im Bereich der Bohrung VK-N Z3 zeigen weder Log Daten noch seismische Daten Hinweise auf Störungszonen (Abb. 22 -geschwärzt). Zusätzlich ist zu erkennen, dass kartierte Störungen im weiteren Umfeld der Bohrung nahezu senkrecht bzw. parallel zur Orientierung der maximalen Horizontalspannung in der Bohrung VK-N Z3 streichen. Diese Störungen sind ungünstig zum Spannungsfeld orientiert. Daher ist eine Reaktivierung dieser Störungen durch die Injektion von Lagerstättenwasser unwahrscheinlich.“

Also nur „unwahrscheinlich“, nicht „ausgeschlossen“. Da ein Ausschluss nicht festgestellt werden kann, wäre im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung zumindest eine Bewertung des „Restrisikos“ vorzunehmen.

 

Anmerkungen zum Gutachten Sonderteil C „Überprüfung der Bohrung … auf Eignung als Injektionsbohrung“

Gutachter: IDEAS Ing.-Büro A.Sperber, Edemissen

  • Grundsätzlich fällt auf, dass das gesamte Gutachten nicht auf der Basis konkreter Untersuchungen/Messungen des vorhandenen Rohrstranges bzw. der vorhandenen Zementierung erstellt wurde. Vielmehr liegen ihm nach S. 39/40 „theoretische Nachberechnungen“, „theoretische Überprüfungen“, „theoretische Bewertungen“ bzw. „“theoretische Betrachtungen“ zu Grunde.
  • Grundlage derartiger „theoretischer Schlussfolgerungen“ sind dann u.a. „Vorliegende Berichte“ über den Einbau der Zementation (so z.B. S 30 bzw. 31). Der Wert derartiger Berichte offenbart sich dann z.B. bei der Diskussion der Zementation 5’’-Produktionsliner (S. 35), bei dem sogar offen zugestanden wird, dass z. B. der Zementationsbericht „in einigen Angaben nicht ganz korrekt ausgefüllt worden“ sei. Gleichwohl werden diese Berichte zur Grundlage der Bewertung gemacht. Diese „Notlage“ ist offenbar auch darin begründet, dass die RWE-Dea zum Zeitpunkt, „als die Bohrung geteuft wurde (1998), keine Messungen zur Kontrolle der Zementationsgüte durchgeführt“ (S.29) hat bzw. nach 2007 Messungen der Wandstärke der Rohre nicht mehr durchgeführt wurden (S. 18).

Vor diesem Hintergrund ist unverständlich, dass die Gutachter keine eigenen Messungen vorgenommen haben, sondern im Bereich der theoretischen Ableitungen verbleiben.

  • Diese Vorgehensweise soll dann anscheinend auch damit legitimiert werden, dass darauf verwiesen wird, dass bisher „keine Undichtheiten an den Zementationen und Rohrtouren registriert“ wurden, wobei allerdings durch einen Einschub zugegeben wird: „soweit bekannt“ (S. 41). Das dürfte - zumal bei einer schon länger nicht mehr betriebenen Förderstelle – kein ausreichendes Kriterium sein.
  • Problematisch scheint in diesem Zusammenhang auch, dass das Gutachten an mehreren Stellen davon ausgeht, dass die „Gasdichtheit“ nicht relevant sei, da es um eine Nutzung als Wasserinjektionsbohrung geht (z.B. S. 11 und S.22). Dieses scheint völlig auszublenden, dass zumindest in Erwägung gezogen werden muss, dass sich in der Förderstelle „Restgas“ befinden dürfte, dass durch die Druckerhöhung im Falle der LAWA-Injektion verdrängt werden könnte. Dass ein Gaszutritt in die Bohrung zumindest denkbar ist, folgt aus S.25, wonach „selbst ein Absinken des Wasserspiegels in Zeiten ohne Lagerstättenwasser-Injektion bis auf ca. 2750 m toleriert werden könnte, ohne dass ein Gaszutritt in die Bohrung erfolgt“. Das heißt doch wohl nichts anderes, als dass bei einem größeren Absinken ein Gaseintritt (woher, wenn nicht aus der „ausgeförderten“ Bohrstelle) erfolgen kann.

Anmerkungen zum Gutachten Sonderteil D „Ökologische Bewertung von 4 Verfahrensvarianten zur Vorbehandlung des Lagerstättenwassers zum Zwecke der Injektion“

Gutachter: Dr. Hans-Bernhard Rhein, Sarstedt

  • Das Gutachten benennt zwar einleitend unter der Überschrift „Aufgabenstellung“ neben der „Versenkung“ auch die Alternativen „Salzbergwerk“, „Indirekteinleitung in das Kanalnetz/Klärwerk“ und „Direkteinleitung in ein Gewässer“ (S. 3), beschränkt sich dann aber darauf, „nur die für eine Vorbehandlung zur Versenkung ausgewählten Verfahrensalternativen“ zu betrachten
  • Die Verfahrensbetrachtung zu vier Verfahrensvarianten (Tellerseperator, Ultrafiltration, Flotation, Hydrozyklon/Walnusschalenfilter – vgl. S. 6) erfolgt sodann zum einen unter technisch-ökonomischen (S. 6 ff.), zum anderen unter ökologischen (S. 14 ff.) Gesichtspunkten. Diese münden dann jeweils in einer – unterschiedlichen - Rangfolge (S. 24).
  • Entscheidend ist, dass selbst für diesen eingeschränkten Rahmen der Untersuchung der Gutachter am Schluss seines Gutachtens (S. 24) darauf verweist, dass die Bewertungsreihenfolge nur „als Vorschlag für die weitere Verfahrensauswahl zu verstehen“ sei und „keinen Anspruch auf wissenschaftlich begründete Absolutheit“ erhebt. Vielmehr wird sich die Auswahl „vor allem an den Risiken mangelnder Betriebserfahrung der ausgewählten Verfahren in Bezug auf Lagerstättenwasser orientieren müssen“.
  • D.h. doch wohl: Der Gutachter relativiert sein Gutachten unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten bereits selbst, ist sich aber bewusst, dass sich aus der mangelnden Betriebserfahrung mit der Aufbereitung des zu versenkenden LAWA „dahin wo es herkommt“ Risiken ergeben.