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Und jetzt auch noch die „Fackel“  

Nach den Erfahrungen mit dem Lagerstättenwasser bestand die Befürchtung schon länger: War das eigentlich alles ungefährlich, was da immer wieder mal an den Förderstellen aus meterhohen Fackelrohren verbrannte und in die Luft gepustet wurde? Auch hier waren die Förderunternehmen schnell mit beruhigenden Erklärungen zu Hand. Das, was da verbrannte, sei reines Erdgas; giftige Substanzen, soweit überhaupt vorhanden, würden vor der eigentlichen Verbrennung über Filter abgeschieden.

Also kein Grund zur Aufregung. Und in Völkersen schon mal gar nicht. Hier kämen nämlich, ohne dass das vorgeschrieben sei, sog. „Enclosed Burner“ zum Einsatz. Das sind umschlossene Gasbrenner, bei denen keine offene Flamme sichtbar ist, so dass das Gas hocheffizient und emissionsärmer verbrannt werde. Es könne lediglich für einen begrenzten Zeitraum vorkommen, dass das Gas aus technischen Gründen über eine offene Fackel verbrannt werden müsse. Also doch – auch in Völkersen brennt weiterhin die Fackel. Und überhaupt: Warum wird der „Enclosed Burner“ nicht überall und bei jeder Gasförderung eingesetzt?

Denn eines steht fest: Auch das Abfackeln birgt Risiken, die erst nach und nach bekannt werden.So kam es zum Beispiel am 10.12.13 auf der Bohrstelle Goldenstedt Z25 zu einem Vorfall, bei dem beim Abfackeln überschüssiger Erdgasmengen brennende Rückstände von LAWA und Lösemittel für Schwefel aus der Fackel ausgetreten und brennend auf den Boden gelangt sind. Anfragen an das LBEG haben ergeben, dass in Goldenstedt die Gefahr besteht, dass in den Lagerstätten vorkommender gasförmiger Schwefel bei der Förderung des Erdgases und des LAWA kondensiert und die Förderrohre zu verengen bzw. zu verstopfen droht.

Um das zu verhindern, wird in die Bohrlöcher ein Schwefellösemittel (in Goldenstedt: Spindelöl) eingebracht, dass dann mit dem Gas bzw. LAWA wieder ausgefördert wird. Damit diese Chemikalien - es handelt sich offenbar nicht nur um Spindelöl - nicht in die Fackel gelangen, sind diese nach Auskunft des LBEG mit sogenannten Abscheidern versehen, die sie zurückhalten sollen. Die Fackeln selbst sind nicht so ausgelegt, dass derartige Flüssigkeiten damit verbrannt werden können. In Goldenstedt sei es nun allerdings durch eine - wie das LBEG es nennt - "Prozessstörung zu Flüssigkeitsübertrag in das Fackelgas" mit den genannten Folgen gekommen.  Und jetzt der neueste Fall aus Söhlingen im Kreis Rotenburg (Wümme): Dort soll es beim Abfackeln auf zwei Bohrstellen am 25. März 2014 bzw. 01. April 2014 dazu gekommen sein, dass Salzsäure vernebelt und auf die umliegende Landschaft niedergeregnet sei.

Der dort tätige Energieriese „Exxon Mobil“ bestreitet gar nicht, dass bei Routinearbeiten zur Optimierung der Förderung Salzsäure eingesetzt worden sei, behauptet aber, dass diese und andere Substanzen bei der Verbrennung in der Fackel nicht freigesetzt worden seien. Das sehen die betroffenen Bürger ganz anders. Sie klagten unmittelbar nach den Vorfällen über gesundheitliche Beschwerden wie Husten, Augenbrennen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindelgefühl bis hin zum Erstickungsanfall. Und auch die Staatsanwaltschaft Verden nimmt die Vorfälle durchaus ernst und hat das LBEG beauftragt, entsprechende strafrechtliche Ermittlungen aufzunehmen.  Unabhängig davon sollte dabei Folgendes nicht aus dem Blickfeld geraten: Beide Vorfälle machen erstmals wirklich öffentlich, dass nicht nur das ausgeförderte Gas bzw. das mitgeförderte Lagerstättenwasser toxische Stoffe enthalten, sondern dass zusätzlich „künstlich“ und unabhängig vom „Fracking“ auch schon bei der „normalen“ Gasförderung giftige Substanzen in die Bohrstellen eingebracht und zwangsläufig dann auch wieder mit zurückgefördert werden müssen.